Dicamus et labyrinthos, vel portentosissimum humani inpendii opus, sed non, ut existi mari potest, falsum. durat etiamnum in Aegypto in Heracleopolite nomo qui primus factus est ante annos, ut tradunt, III D C a Petesuchi rege sive Tithoe, quamquam Herodotus totum opus XII regum esse dicit novissimique Psammetichi. causas faciendi varie interpretantur, Demoteles regiam Moteridis fuisse, Lyceas sepulchrum Moeridis, plures Soli sacrum id exstructum, quod maxime creditur. hinc utique sumpsisse Daedalum exemplar eius labyrinthi, quem fecit in Creta, non est dubium, sed centensimam tantum portionem eius imitatum, quae itinerum ambages occursusque ac recursus inexplicabiles continet, non - ut in pavimentis puerorumve ludicris campestribus videmus - brevi lacinia milia passuum plura ambulationis continentem, sed crebris foribus inditis ad fallendos occursus redeundumque in errores eosdem. secundus hie fuit ab Aegyptio labyrinthus, tertius in Lemno, quartus in Italia, omnes lapide polito fornicibus tecti, Aegyptius, quod miror equidem, introitu lapidibus e Paro columnisque, reliqua e syenite molibus compositis, quas dissolvere ne saecula quidem possint, adiuvantibus Heracleopolitis, quod opus invisum mire spectavere. Positionem operis eius singulasque partes enarrare non est, cum sit in regiones divisum atque praefecturas, quas vocant nomos, XXI nominibus eorum totidem vastis domibus adtributis, praeterea templa omnium Aegypti deorum contineat superque Nemesis X L aediculis incluserit pyramides complures quadragenarum ulnarum senas radice άροΰρας optinentes. fessi iam eundo perveniunt ad viarum illum inexplicabilem errorem, quin et cenacula clivis excelsa, porticusque descenduntur nonagenis gradibus; intus columnae porphyrite lapide, deorum simulacra, regum statuae, monstrificae effigies, quarundam domuum talis est situs, ut adaperientibus fores tonitrum intus terribile existat, maiore autem in parte transitus est per tenebras. aliae rursus extra murum labyrinthi aedificiorum moles; pteron appellant, inde aliae perfossis cuniculis subterraneae domus. refecit unus omnino pauca ibi Chaeremon, spado Necthebis regis, L ante Alexandrum Magnum annis. id quoque traditur, fulsisse trabibus spinae oleo incoctae, dum in fornices quadrati lapides adsurgerent. Et de Crético labyrintho satis dictum est. 90 Lemnius similis illi columnis tantum C L memorabilior fuit, quarum in officina turbines ita librati pependerunt, ut puero circumagente tornarentur. architecti fecere Zmilis et Rhoecus et Theodorus indigenae. exstantque adhuc reliquiae eius, cum Cretici Italicique nulla vestigia exstent. namque et Italicum dici convenit, quem fecit sibi Porsina, rex Etruriae, sepulchri causa, simul ut externorum regum vanitas quoque Italis superetur. sed cum excedat omnia fabulositas, utemur ipsius M. Varronis in expositione ea verbis: „Sepultus sub urbe Clusio, in quo loco monimentum reliquit lapide quadrato quadraturn, singula latera pedum trecenum, alta quinquagenum. in qua basi quadrata intus labyrinthum inextricabile, quo si quis introierit sine glomere lini, exitum invenire nequeat. supra id quadratum pyramides stant quinque, quattuor in angulis et in medio una, imae latae pedum quinum septuagenum, altae centenum quinquagenum, ita fastigatae, ut in summo orbis aeneus et petasus unus omnibus sit inpositus, ex quo pendeant exapta catenis tintinabula, quae vento agitata longe sonitus référant, ut Dodonae olim factum, supra quem orbem quattuor pyramides insuper singulae stant altae pedum centenum. supra quas uno solo quinqué pyramides." quarum altitudinem Varronem puduit adicere; fabulae Etruscae tradunt eandem fuisse quam totius operis ad eas, vesana dementia, quaesisse gloriam inpendio nulli profuturo, praeterea fatigasse regni vires, ut tamen laus maior artificis esset.
Wir wollen auch die Labyrinthe erwähnen, wohl das abenteuerlichste Werk menschlicher Verschwendungssucht, aber keineswegs, wie man vielleicht glauben könnte, erdichtet. Noch heute besteht in Ägypten im Gau von Herakleopolis (das Labyrinth), das, wie man berichtet, als erstes vor 3600 Jahren von dem Pharao Petesuchis oder Tithoes erbaut wurde, obgleich Herodot sagt, das Ganze sei ein Werk von zwölf Pharaonen, deren letzter Psammetichos war. Die Gründe für die Erbauung werden auf verschiedene Weise angegeben; nach Demoteles wäre es der Königssitz von Moteris gewesen, nach Lykeas das Grab des Moiris, nach mehreren anderen ein dem Sonnengott errichtetes Heiligtum, was am meisten geglaubt wird. Es besteht jedenfalls kein Zweifel, daß Daidalos dieses als Vorbild für das Labyrinth genommen hat, das er auf Kreta baute, daß er aber nur den hundertsten Teil davon nachahmte, da es Umwege, Gegengänge und unentwirrbare Rückgänge umfaßt und nicht - wie wir das auf Mosaikböden oder auf Kinderspielplätzen sehen - auf einer kurzen Fläche einen Spazierweg von mehreren tausend Schritt Länge enthält, sondern wo häufig angebrachte Türen zur Vortäuschung von Begegnungen dienen und den Besucher (immer) wieder in dieselben Irrgänge zurückleiten. Dieses Labyrinth war das zweite nach dem ägyptischen, ein drittes war auf Lemnos, ein viertes in Italien; alle wurden mit Gewölben aus geglättetem Stein gedeckt; das ägyptische hat, was ich allerdings merkwürdig finde, einen Eingang und Säulen aus parischem Marmor, das übrige besteht aus Blöcken von Syenit, die nicht einmal die Jahrhunderte zerstören konnten, (auch nicht) mit Hilfe der Bewohner von Herakleopolis, die diesem verhaßten Werk merkwürdigerweise feindlich gegenüberstanden. Die Anlage dieses Bauwerks und seine einzelnen Teile lassen sich nicht aufzählen, da es in Regionen und Statthalterschaften, ,Gaue' genannt, aufgeteilt ist, deren 21 Namen ebenso vielen weitläufigen Gebäuden zugeteilt sind; außerdem enthält (der Bau) die Tempel aller ägyptischer Götter und überdies 40 kleine Tempel der Nemesis, umschließt zudem mehrere Pyramiden, jede von ihnen 40 Ellen hoch mit einer Basis, die je sechs Ackerfelder bedeckt. Bereits vom Gehen ermüdet, gelangt man an jene unentwirrbaren Irrgänge; ja sogar Speiseräume liegen auf Erhöhungen, und man steigt über 90 Stufen in Säulenhallen hinunter; in deren Innern befinden sich Säulen aus Porphyrit, Götterbilder, Standbilder von Königen und monströse Bilder. Gewisse Räume sind so konstruiert, daß beim Offnen der Türen im Innern ein schrecklicher Donner entsteht, im größeren Teil (des Gebäudes) aber führt der Weg durch Finsternis. Außerhalb der Mauer des Labyrinthes wiederum stehen andere Massen von Gebäuden; man nennt siepteron. Von da gelangt man durch gegrabene Gänge in andere unterirdische Räume. Chairemon, ein Eunuch des Pharaos Necthebis, war der einzige, der 50 Jahre vor Alexander dem Großen einige Reparaturen vorgenommen hat. Es wird auch dies berichtet, daß er Balken aus einem in Öl gekochten Dorngewächs zur Stütze verwendete, bis sich die (neuen) Quadersteine zur Höhe der Gewölbe erhoben. Auch vom kretischen Labyrinth ist genügend gesagt worden. Das lemnische war ihm ähnlich und nur durch seine 150 Säulen bemerkenswerter, deren Trommeln in der Werkstätte so in der Schwebe aufgehängt waren, daß sie beim Runden von einem Knaben gedreht werden konnten. Baumeister waren Zmilis, Rhoikos und Theodoros, alle Ortsansässige. Bis heute gibt es noch Reste (dieses Labyrinths), während vom kretischen und italischen keine Spuren mehr vorhanden sind. Es muß nämlich auch vom italischen Labyrinth gesprochen werden, das sich Porsina, ein König von Etrurien, als Grabmal errichten ließ, zugleich in der Absicht, daß die Eitelkeit ausländischer Könige auch von italischen (Königen) übertroffen werde. Da aber die Nachrichten in den Bereich der Sage gehören und jegliche Vorstellung übersteigen, wollen wir bei der Beschreibung die Worte des M. Varro selbst verwenden: „Er wurde unter der Stadt Clusium begraben, wo er ein viereckiges Denkmal aus Quadersteinen hinterlassen hat; jede Seite ist 300 Fuß lang und 50 Fuß hoch; innerhalb der viereckigen Grundfläche befindet sich ein unentwirrbares Labyrinth, aus dem man, wenn man es ohne einen Fadenknäuel betreten sollte, keinen Ausgang mehr finden kann. Auf diesem Viereck stehen fünf hkn, vier an den Ecken und eine in der Mitte, jede unten 75 Fuß breit und 150 Fuß hoch und derart zugespitzt, daß allen oben eine bronzene Scheibe und ein Hut aufgesetzt ist, von denen mit Ketten befestigte Schellen herabhängen, die, wenn der Wind sie bewegt, ihren Ton weithin hören lassen, wie es einst zu Dodona der Fall war. Über dieser Scheibe stehen obendrein noch vier einzelne Pyramiden von je 100 Fuß Höhe und auf diesem Viereck stehen fünf Pyramiden,." Ihre Höhe anzugeben scheute sich Varro; etruskische Sagen berichten, sie sei ebenso (groß) gewesen wie das ganze Gebäude; eine überspannte Narrheit, mit der man durch Aufwand, der niemandem nützte, Ruhm suchte, außerdem die Kräfte des Reiches schwächte, nur um den Ruhm eines Künstlers zu mehren.
Gaius Plinius Secundus d.Ä., Naturkunde, Buch 36, übersetzt von Roderich König, Sammlung Tusculum, Düsseldorf 2007.
Plinius der Ältere, Naturkunde 36, 84-93