Asiir: Knickpyramide in Dahshur/Ägypten (Höhe: 105 m – Steigungswinkel 54 bzw. 43 Grad)
Knickpyramide in Dahshur/Ägypten (Höhe: 105 m – Steigungswinkel 54 bzw. 43 Grad) Asiir

Plinius der Ältere, Naturkunde 36,75-82

Dicantur obiter et pyramides in eadem Aegypto, regum pecuniae otiosa ac stulta ostentatio, quippe cum faciendi eas causa a plerisque tradatur, ne pecuniam successoribus aut aemulis insidiantibus praeberent aut ne plebs esset otiosa. multa circa hoc vanitas hominum illorum fuit, vestigia complurium incohatarum extant. una est in Arsinoite nomo, duae in Memphite, non procul labyrintho, de quo et ipso dicemus, totidem ubi fuit Moeridis lacus, hoc est fossa grandis, sed Aegyptiis inter mira ac memoranda narrata, harum cacumina C C cubita extra aquam eminere dicuntur. reliquae tres, quae orbem terrarum inplevere fama, sane conspicuae undique adnavigantibus, sitae sunt in parte Africae monte sáxeo sterilique inter Memphim oppidum et quod appellari diximus Delta, a Nilo minus IIII milia passuum, a Memphi VII D, vico adposito quem vocant Busirin ; in eo sunt adsueti scandere illas. Ante est sphinx vel magis narranda, de qua XVII siluere, numen accolentium. Harmain regem 77 putant in ea conditum et volunt invectam videri; est autem saxo naturali elaborata, rubrica facies monstri colitur. capitis per frontem ambitus centum duos pedes colligit, longitudo pedum CXLIII est, altitudo a ventre ad summam aspidem in capite, LXIS. Pyramis amplissima ex Arabicis lapicidinis 78 constat. CCCLX milia hominum annis X X earn construxisse produntur. tres vero factae annis LXXXVIII, mensibus IIII. qui de iis scripserint sunt Herodotus, Euhemerus, Duris Samius, Aristagoras, Dionysius, Artemidorus, Alexander polyhistor, Butoridas, Antisthenes, Demetrius, Demoteles, Apion - , inter omnes eos non constat, a quibus factae sint, iustissimo casu obliteratis tantae vanitatis auctoribus. aliqui ex iis prodiderunt in raphanos et alium ac cepas MDC talenta erogata, amplissima Septem iugera optinet soli, quattuor angulorum paribus intervallis DCCLXXXIII pedes singulorum laterum, altitudo a cacumine ad solum pedes DCCXXV colligit, ambitus cacuminis pedes XVIS. alterius intervalla singula per quattuor angulos pedes DCCLVIIS comprehendunt. tertia minor quidem praedictis, sed multo spectatior, Aethiopicis lapidibus adsurgit CCCLXIII pedibus inter angulos, vestigia aedificationum nulla exstant, harena late pura circa, lentis similitudine, qualis in maiore parte Africae. quaestionum summa est, quanam ratione in tantam altitudinem subiecta sint caementa. alii nitro ac sale adaggeratis cum crescente opere et peracto fluminis inrigatione dilutis; alii lateribus e luto factis exstructos pontes, peracto opere lateribus in privatas domos distributis, Nilum enim non putant rigare potuisse multo humiliorem. in pyramide maxima est intus puteus L X X X V I cubitorum; flumen ilio admissum arbitrantur. mensuram altitudinis earum omnemque similem deprehendere invenit Thaies Milesius umbram metiendo, qua hora par esse corpori solet. haec sunt pyramidum miracula, supremumque illud, ne quis regum opes miretur, minimam ex iis, sed laudatissimam, a Rhodopide meretricula factam. Aesopi fabellarum philosophi conserva quondam et contubernalis haec fuit, maiore miraculo, tantas opes meretricio esse conquisitas.

Bei dieser Gelegenheit sei auch von den Pyramiden im selben Ägypten gesprochen: Sie sind eine unnütze und törichte Zurschaustellung des Reichtums der Pharaonen, da ja als Beweggrund für ihre Erbauung von den meisten angegeben wird, sie wollten ihren Nachfolgern oder den ihnen nachstellenden Rivalen kein Geld hinterlassen und das Volk solle nicht untätig sein. Die Prahlerei jener Menschen war in dieser Hinsicht beträchtlich. Es finden sich noch die Spuren mehrerer angefangener Pyramiden. Eine steht im Gau von Arsinoë, zwei in dem von Memphis, nicht weit von dem Labyrinth, von dem wir ebenfalls sprechen werden, und ebenso viele (stehen) dort, wo der See Moiris war, das heißt eine große Senke, die aber von den Ägyptern zu den bemerkenswerten Wunderwerken gerechnet wird. Ihre Spitzen sollen noch (200 Ellen) aus dem Wasser hervorragen. Die übrigen drei, die mit ihrem Ruf den ganzen Erdkreis erfüllt haben und die in der Tat von allen Seiten, auf denen man sich mit dem Schiff nähert, sichtbar sind, stehen nach der afrikanischen Seite hin auf einer felsigen und unfruchtbaren Anhöhe zwischen der Stadt Memphis und dem Gebiet, das, wie wir gesagt haben [5,48],,Delta' genannt wird, vom Nil weniger als 4000 Schritte entfernt und von Memphis 7500, neben einem Dorf namens Busiris gelegen; von dort aus pflegt man jene (Pyramiden) zu besteigen. Vor diesen (Pyramiden) befindet sich die Sphinx, über die noch mehr zu erzählen wäre, über die man (aber) schwieg; sie ist eine Gottheit der Anwohner. Sie glauben, der Pharao Harmais sei in ihr beigesetzt, und behaupten, sie sei (an diesen Platz) herbeigeschafft worden. Sie ist jedoch aus dem gewachsenen Fels gearbeitet; als Zeichen der Verehrung wird das Gesicht dieses Ungeheuers mit Rötel bestrichen. Der Umfang des Kopfes beträgt, über die Stirne gemessen, 102 Fuß, die Länge 143 Fuß, die Höhe vom Bauch bis zur höchsten Spitze am Kopf 61 Ά Fuß. Die höchste Pyramide besteht aus Steinen von arabischen Steinbrüchen. 360000 Menschen sollen sie in zwanzig Jahren gebaut haben. Die drei Pyramiden sollen in 88 Jahren und 4 Monaten errichtet worden sein. Die Autoren, welche darüber geschrieben haben, sind: Herodot, Euhemeros, Duris aus Samos, Aristagoras, Dionysios, Artemidoros, Alexander Polyhistor, Butoridas, Antisthenes, Demetrios, Demoteles und Apion - ; trotz all dieser Autoren steht nicht fest, wer die Erbauer waren, und durch einen überaus gerechten Zufall sind die (Namen der) Urheber dieser großen Eitelkeit der Vergessenheit anheimgefallen. Einige von diesen Autoren haben berichtet, daß für Rettiche, Knoblauch und Zwiebeln allein 1600 Talente ausgegeben wurden. Die größte Pyramide nimmt sieben Tagwerk Boden ein. Bei gleichen Entfernungen der vier Ecken ist jede Seite 783 Fuß lang, die Höhe vom Gipfel bis zum Boden beträgt 725 Fuß, der Umfang des Gipfels 16 1/2 Fuß. Bei der zweiten Pyramide betragen die Abstände der vier Ecken jeweils 7 5 7 Ά Fuß. Die dritte ist zwar kleiner als die vorher genannten, aber bei weitem sehenswerter; sie erhebt sich, aus äthiopischen Steinen erbaut, mit einem (Abstand) von 363 Fuß zwischen ihren Ecken. Spuren von der Erbauung sind nicht mehr vorhanden; ringsumher findet sich weit und breit nur der reine, linsenähnliche Sand, gleichwie im größeren Teil Afrikas. Die entscheidende Frage ist nun, auf welche Weise man die Bausteine in eine solch große Höhe geschafft hat. Die einen glauben, man habe Natron und Salz mit dem zunehmenden Werke aufgeschichtet und nach dessen Vollendung durch Flutung mit Nilwasser wieder aufgelöst; die anderen meinen, man habe Brücken aus Lehmziegeln erbaut und diese nach Vollendung des Werkes für (den Bau von) Privathäusern verteilt; der Nil habe nämlich, wie sie glauben, (das Gelände) nicht überschwemmen können, da er viel zu tief liege. Im Innern der größten Pyramide befindet sich ein 86 Ellen tiefer Brunnen; man glaubt, daß man den Fluß dorthin geleitet habe. Thaies aus Milet erdachte ein Verfahren, die Höhe (der Pyramiden) und jede ähnliche dadurch zu bestimmen, daß er den Schatten in der Stunde maß, in der er der Körperlänge gleich zu sein pflegt. Dies sind die Wunder der Pyramiden; das größte dabei ist aber, damit keiner über die Reichtümer der Pharaonen staune, daß die kleinste von ihnen, zugleich die berühmteste, von der Hetäre Rhodopis errichtet wurde. Sie war einst Mitsklavin und Hausgenossin des philosophierenden Fabeldichters Aisopos, und es ist um so erstaunlicher, daß solcher Reichtum durch das Gewerbe einer Dirne erworben wurde.

Gaius Plinius Secundus d.Ä., Naturkunde, Buch 36, übersetzt von Roderich König, Sammlung Tusculum, Düsseldorf 2007.

Plinius der Ältere, Naturkunde 36,75-82