Universität Leipzig, Antikenmuseum (Marion Wenzel + M. Meinecke): Modell einer Steinsäge, Ephesos Hanghaus 2, 6./7. Jh., Maßstab 1:13
Modell einer Steinsäge, Ephesos Hanghaus 2, 6./7. Jh., Maßstab 1:13 Universität Leipzig, Antikenmuseum (Marion Wenzel + M. Meinecke)

Plinius der Ältere, Naturkunde 36,51-54

Sed quisquís primus invenit secare luxuriamque dividere, inportuni ingenii fuit, harena hoc fit et ferro videtur fieri, serra in praetenui linea premente harenas versandoque tractu ipso secante. Aethiopica haec maxime probatur, nam id quoque accessit, ut ab Aethiopia usque peteretur quod secaret marmora, immo vero etiam in Indos, quo margaritas quoque peti severis moribus indignum erat, haec proxime laudatur; mollior tarnen quae Aethiopica. ilia nulla scabritie secat, Indica non aeque levât, sed combusta ea polientes marmora fricare iubentur. simile et Naxiae vitium est et Coptitidi, quae vocatur Aegyptia. haec fuere antiqua genera marmoribus secandis. postea reperta est non minus probanda ex quodam Hadriatici maris vado, aestu nudante, observatione non facili, iam quidem quacumque harena secare e fluviis omnibus fraus artificum ausa est, quod dispendium admodum pauci intellegunt. crassior enim harena laxioribus segmentis terit et plus erodit marmoris maiusque opus scabritia politurae relinquit; ita sectae attenuantur crustae. rursus Thebaica polituris accommodatur et quae fit e poro lapide aut e pumice. Signis e marmore poliendis gemmisque etiam scalpendis atque limandis Naxium diu placuit ante alia, ita vocantur cotes in Cypro insula genitae. vicere postea ex Armenia invectae.

Doch wer auch immer als erster auf den Gedanken kam, den Marmor zu schneiden und aus Prunksucht zu teilen: er hatte einen unglücklichen Einfall. Das Schneiden geschieht mit Sand und hat den Anschein, durch das Eisen bewirkt zu werden, indem die Säge in einer sehr schmalen Linie auf den Sand drückt und durch bloßes Hin- und Herziehen den Marmor zerschneidet. Hierfür wird äthiopischer Sand bevorzugt; denn auch das kam noch hinzu, daß man bis von Äthiopien das herbeischaffte, womit man den Marmor schnitt, ja sogar aus Indien, von wo man Perlen zu holen nach den strengen Sitten der Alten als unwürdig galt. Der indische Sand wird als zweitbestes Mittel gelobt; weicher ist jedoch der äthiopische. Er schneidet, ohne rauh zu machen, der indische glättet nicht in gleicher Weise, doch empfehlen die Fachleute, ihn in gebranntem Zustand zum Polieren des Marmors zu verwenden. Einen ähnlichen Fehler hat der Sand von Naxos und der von Koptos, der ,der ägyptische' heißt. Dies waren die alten Methoden zum Schneiden von Marmor. Später wurde ein nicht weniger empfehlenswerter Sand auf einer Sandbank des adriatischen Meeres gefunden, die bei Ebbe bloßliegt, aber nicht leicht wahrzunehmen ist. Die betrügerische Absicht der Handwerker hat es übrigens schon gewagt, mit jedem beliebigen Sand aus allen Flüssen zu schneiden, eine Übervorteilung, die nur wenige bemerken. Der gröbere Sand reibt nämlich in breiteren Einschnitten, nimmt mehr Marmor hinweg und erfordert durch seine Rauheit mehr Arbeitsaufwand beim Polieren; auf diese Weise verlieren die geschnittenen Platten an Stärke. Zum Polieren des Marmors wird dagegen thebaischer Sand verwendet sowie der aus Tuff- oder Bimsstein gewonnene. Zum Glätten von Marmorbildwerken und auch zum Schneiden und Feilen von Edelsteinen nahm man lange Zeit vorzugsweise den Stein von Naxos. So nennt man die Wetzsteine, die auf der Insel Zypern vorkommen. Später setzten sich die aus Armenien eingeführten durch.

Bayer, Karl / Brodersen, Kai, Plinius, Naturalis Historia, De Gruyter 2013.

Plinius der Ältere, Naturkunde 36,51-54