Universität Leipzig, Antikenmuseum (Marion Wenzel + M. Meinecke): Modell einer Steinsäge, Ephesos Hanghaus 2, 6./7. Jh., Maßstab 1:13
Modell einer Steinsäge, Ephesos Hanghaus 2, 6./7. Jh., Maßstab 1:13 Universität Leipzig, Antikenmuseum (Marion Wenzel + M. Meinecke)

Plinius der Ältere, Naturkunde 36,1,1-3

Lapidum natura restat, hoc est praecipua morum insania, etiam ut gemmae cum sucinis atque crystallinis murrinisque sileantur. omnia namque, quae usque ad hoc volumen tractavimus, hominum genita causa videri possunt: montes natura sibi fecerat ut quasdam compages telluris visceribus densandis, simul ad fluminum impetus domandos fluctusque frangendos ac minime quietas partes coercendas durissima sui materia. Caedimus hos trahimusque nulla alia quam deliciarum causa, quos transcendisse quoque mirum fuit, in portento prope maiores habuere Alpis ab Hannibale exsuperatas et postea a Cimbris: nunc ipsae caeduntur in mille genera marmorum. promunturia aperiuntur mari, et rerum natura agitur in planum; evehimus ea, quae separandis gentibus pro terminis constituta erant, navesque marmorum causa fiunt, ac per fluctus, saevissimam rerum naturae partem, huc illuc portantur iuga, maiore etiamnum venia quam cum ad frigidos potus vas petitur in nubila caeloque proximae rupes cavantur, ut bibatur glacie. secum quisque cogitet, et quae pretia horum audiat, quas vehi trahique moles videat, et quam sine iis multorum sit beatior vita, ista facere, immo verius pati mortales quos ob usus quasve ad voluptates alias nisi ut inter maculas lapidum iaceant, ceu vero non tenebris noctium, dimidia parte vitae cuiusque, gaudia haec auferentibus!

Es steht noch aus, die Eigenschaft der Steine (zu besprechen), das heißt die außerordentliche Tollheit (unserer) Sitten, auch wenn von Edelsteinen, zusammen mit Schmuck aus Bernstein und von kristallenen und murrinischen Gefäßen nicht die Rede sein soll. Denn alles, was wir bis zu diesem Buch behandelt haben, kann der Menschen wegen geschaffen erscheinen: Die Berge (aber) hatte die Natur für sich selbst gemacht, als eine Art von Fugendichtung, um das Innere der Erde zusammenzuhalten und zugleich den Ansturm der Flüsse zu zähmen, die Fluten zu brechen und so die am wenigsten in Ruhe verharrenden Teile durch ihre härteste Materie in Schranken zu halten. Wir durchhauen diese Berge und schleppen sie fort aus keinem anderen Grund als um des Vergnügens willen, wo es doch schon staunenswert war, dass man sie überstieg. Nahezu als ein Wunder betrachteten es unsere Vorfahren, dass die Alpen von Hannibal und später von den Kimbern überwunden wurden: Jetzt zerschlägt man diese Berge selbst zu tausenderlei Arten von Marmorblöcken. Vorgebirge werden für das Meer geöffnet, und die Natur wird eingeebnet; wir entfernen das, was zur Trennung der Völker als Grenze errichtet war, und wegen des Marmors baut man Schiffe; durch die Fluten, den wildesten Teil der Natur, schafft man Felsengipfel von hier nach dort, was immer noch größere Nachsicht verdient, als wenn man bis zu den Wolken emporsteigt auf der Suche nach einem Gefäß, um Getränke kühl zu halten, und wenn man die dem Himmel am nächsten stehenden Felsen aushöhlt, um aus Eis trinken zu können. Jeder möge sich seine Gedanken darüber machen, wenn er von den Preisen für diese Dinge hört, wenn er sieht, welche Massen bewegt und fortgeschleppt werden und wieviel glücklicher das Leben vieler (Menschen) ohne diese Dinge wäre. Die Sterblichen tun dies, sie nehmen es vielmehr hin: zu welcher anderen Verwendung oder zu welchem anderen Vergnügen als um zwischen buntgefärbten Steinen zu liegen, wie wenn nicht durch das Dunkel der Nächte, das die Hälfte des Lebens eines jeden ausmacht, diese Freude genommen würde!

Gaius Plinius Secundus d.Ä., Naturkunde, Buch 36, übersetzt von Roderich König, Sammlung Tusculum, Düsseldorf 2007.

Plinius der Ältere, Naturkunde 36,1,1-3