Jensens: Casa dei Crescenzi, Rom
Casa dei Crescenzi, Rom Jensens

Plinius der Ältere, Naturkunde 36,4-7

Ingens ista reputantem subit etiam antiquitatis rubor, exstant censoriae leges glandia in cenis, glires et alia dictu minora adponi vetantes: marmora invehi, maria huius rei causa transiri quae vetaret, lex nulla lata est. dicat fortassis aliquis: non enim invehebantur. id quidem falso. CCCLX columnas M. Scauri aedilitate ad scaenam theatri temporari et vix mense uno futuri in usu viderunt portari silentio legum. sed publicis nimirum indulgentes voluptatibus. id ipsum cur? aut qua magis via inrepunt vitia quam publica? quo enim alio modo in privatos usus venere ebora, aurum, gemmae? aut quid omnino diis reliquimus? verum esto, indulserint publicis voluptatibus. etiamne tacuerunt, maximas earum atque adeo duodequadragenum pedum Lucullei marmoris in atrio Scauri conlocari? nec clam id occulteque factum est. satisdare sibi damni infecti coegit redemptor cloacarum, cum in Palatium eae traherentur. non ergo in tam malo exemplo moribus caveri utilius fuerat? tacuere tantas moles in privatam domum trahi praeter fictilia deorum fastigia! nec potest videri III Scaurus rudi et huius mali inprovidae civitati obrepsisse quodam vitii rudimento, iam L. Crassum oratorem ilium, qui primus peregrini marmoris columnas habuit in eodem Palatio, Hymettias tarnen nec plures sex aut longiores duodenum pedum, M. Brutus in iurgiis ob id Venerem Palatinam appellaverat.

Wenn man dies bedenkt, steigt einem auch für die Vergangenheit Schamröte ins Gesicht. Es gibt noch zensorische Gesetze, wonach es bei den Mahlzeiten verboten war, Drüsenstücke, Siebenschläfer und andere weniger erwähnenswerte Speisen aufzutragen. Marmor einzuführen und zu diesem Zweck über das Meer zu fahren - dagegen wurde aber kein Gesetz erlassen. Es könnte da einer sagen: Es wurde ja auch nichts eingeführt. Doch dies ist falsch. Während der Adilität des M. Scaurus konnte man erleben, daß 360 Säulen für ein nur auf kurze Zeit gebautes Theater, das kaum einen Monat stehenbleiben sollte, herbeigeschafft wurden, wozu die Gesetze schwiegen. Man war natürlich nachsichtig, weil es sich um öffentliche Vergnügungen handelte. Doch warum dies? Auf welchem Wege schleichen sich denn Mißstände mehr ein als auf dem öffentlichen? Auf welche Weise kamen denn Elfenbein, Gold und Edelsteine in privaten Gebrauch? Was haben wir den Göttern überhaupt noch vorbehalten? Es mag wahr sein, daß man bei öffentlichen Vergnügungen nachsichtig war. Schwiegen aber (die Gesetze) nicht auch, als die größten, sogar 38 Fuß langen Säulen aus lukullischem Marmor im Atrium des Scaurus aufgestellt wurden? Und dies geschah keineswegs heimlich und im Verborgenen. Der Pächter der Abzugskanäle erzwang für sich eine Bürgschaft für den Fall einer Beschädigung, als (die Säulen) auf den Palatin geschafft wurden. Wäre es aber bei einem so üblen Beispiel nicht nützlicher gewesen, an die öffentliche Moral zu denken? (Die Gesetze) schwiegen, als man solche Massen in ein Privathaus schleifte, vorbei an den tönernen Giebeln der Göttertempel! Es kann jedoch nicht den Anschein haben, als ob sich Scaurus in eine rohe und mit diesem Übel noch unbekannte Bürgerschaft gleichsam als erstes Beispiel für das Laster eingeschlichen habe. Schon jenen Redner L. Crassus, der als erster ausländische Marmorsäulen auf demselben Palatin besaß, die jedoch aus hymettischem Marmor, nicht mehr als sechs und nicht länger als zwölf Fuß waren, hatte M. Brutus bei einer Auseinandersetzung deshalb die ,palatinische Venus' genannt.

Gaius Plinius Secundus d.Ä., Naturkunde, Buch 36, übersetzt von Roderich König, Sammlung Tusculum, Düsseldorf 2007.

Plinius der Ältere, Naturkunde 36,4-7