Praxitelis aetatem inter statuarios diximus, qui marmoris gloria superavit etiam semet. opera eius sunt Athenis in Ceramico, sed ante omnia est non solum Praxitelis, verum in toto orbe terrarum Venus, quam ut viderent, multi navigaverunt Cnidum. duas fecerat simulque vendebat, alteram velata specie, quam ob id praetulerunt quorum condicio erat, Coi, cum eodem predo detulisset, severum id ac pudicum arbitrantes; reiectam Cnidii emerunt, inmensa differentia famae. voluit earn a Cnidiis postea mercari rex Nicomedes, totum aes alienum, quod erat ingens, civitatis dissoluturum se prominens, omnia perpeti maluere, nec inmerito; ilio enim signo Praxiteles nobilitavit Cnidum. aedicula eius tota aperitur, ut conspici possit undique effigies deae, favente ipsa, ut creditur, facta, nec minor ex quacumque parte admirado est. ferunt amore captum quendam, cum delituisset noctu, simulacro cohaesisse, eiusque cupiditatis esse indicem maculam.
Das Zeitalter des Praxiteles, der sich im Ruhm seiner Marmorarbeiten sogar selbst übertraf, haben wir schon bei den Bildgießern erwähnt [34,50.69]. Seine Werke befinden sich in Athen auf dem Kerameikos; aber an erster Stelle aller Werke, nicht nur derer des Praxiteles, sondern auf dem ganzen Erdkreis, steht seine Aphrodite, zu der viele nach Knidos fuhren, um sie zu sehen. Er hatte zwei (Statuen dieser Göttin) geschaffen - die eine davon in verhüllter Gestalt - und verkaufte sie gleichzeitig. Die Koer, welche bei gleichem Preis die Wahl hatten, zogen diese vor, weil sie glaubten, daß sie der Sittenstrenge und Keuschheit (besser entspräche). Die Knidier aber kauften die zurückgewiesene Statue, und diese ragte durch ihre (spätere) Berühmtheit in hohem Maße hervor. König Nikomedes wollte sie später den Knidiern abkaufen, wobei er versprach, die ganze Staatsschuld, die ungeheuer war, begleichen zu wollen. Sie wollten aber lieber alles ertragen, und nicht mit Unrecht; denn durch jene Statue hat Praxiteles Knidos berühmt gemacht. Ihr kleiner Tempel ist ringsum ganz offen, so daß das Bild der Göttin von allen Seiten betrachtet werden kann, das, wie man glaubt, mit ihrem Segen verfertigt wurde. Von welcher Seite auch immer man sie sieht: sie verdient gleiche Bewunderung. Man berichtet, daß einer, der von Liebe ergriffen war, sich nachts verborgen hielt, das Standbild umarmte und als Beweis seiner Begierde einen Flecken hinterließ.
Gaius Plinius Secundus d.Ä., Naturalis historia/Naturkunde, lateinisch-deutsch, übersetzt von K. Bayer und K. Brodersen, Sammlung Tusculum, Berlin 2013.
Plinius der Ältere, Naturkunde 36, 20-21