Als sie gespeist, dann erheitert haben ihr Herz durch des edlen Bacchus Geschenk, fragt Lynkeus’ Nachkomme nach der Bebauung und der Art des Landes, nach Sitten und Denkart der Menschen. Kepheus sprach, als er ihn informiert hatte: »Tapferster, sage bitte, mit welchem Mut und mit welcher Geschicklichkeit du es fertiggebrachst hast zu rauben das Haupt, das mit Schlangen behaart ist.« Also erzählt Agenors Enkel, am Fuße des kalten Atlas liege ein Ort, durch starke Umwallung gesichert; dort am Eingang hätten gewohnt zwei Schwestern, des Phorkys Töchter, welche ein einziges Auge gemeinsam benützten. Listig habe er’s, während es grad überreicht wurde, schlau von unten gefasst und geschnappt, sei dann auf versteckten, entlegnen Pfaden und über Felsen, starrend von Waldgestrüpp, hin zum Haus der Gorgonen gelangt. Er habe auf Feldern und Wegen weit und breit Standbilder von Menschen und Tieren gesehen; diese hatte der Anblick Medusas in Steine verwandelt. Er aber habe im Erz des Schildes, den seine Linke trug, gespiegelt gesehn die Gestalt der grausen Medusa, und, als sie und die Schlangen dann bannte der lastende Schlaf, vom Hals ihr getrennt das Haupt; es seien dem Blute der Mutter Pegasus, der mit den Flügeln entfloh, und sein Bruder entsprungen.
Publius Ovidius Naso, Metamorphosen, lateinisch-deutsch, übersetzt von Niklas Holzberg, Berlin 2017.
Ovid, Metamorphosen 4,765-786