Universität Leipzig, Ägyptologie (Marion Wenzel): Schreitende Statuen, Ägyptische Steinpalstik (Ägyptisches Museum Inv. ÄMUL 3684)
Schreitende Statuen, Ägyptische Steinpalstik (Ägyptisches Museum Inv. ÄMUL 3684) Universität Leipzig, Ägyptologie (Marion Wenzel)

Ovid, Metamorphosen 2,683–707

dumque amor est curae, dum te tua fistula mulcet,
incustoditae Pylios memorantur in agros
processisse boves. videt has Atlantide Maia
natus et arte sua silvis occultat abactas.
senserat hoc furtum nemo nisi notus in illo
rure senex; Battum vicinia tota vocabant.
divitis hic saltus herbosaque pascua Nelei
nobiliumque greges custos servabat equarum.
hunc tenuit blandaque manu seduxit et illi
‘quisquis es, hospes’ ait, ‘si forte armenta requiret
haec aliquis, vidisse nega, neu gratia facto
nulla rependatur, nitidam cape praemia vaccam’,
et dedit. accepta voces has reddidit hospes:
‘tutus eas! lapis iste prius tua furta loquetur’,
et lapidem ostendit. simulat Iove natus abire;
mox redit et versa pariter cum voce figura
‘rustice, vidisti si quas hoc limite’ dixit
‘ire boves, fer opem furtoque silentia deme.
iuncta suo pretium dabitur tibi femina tauro.’
at senior, postquam est merces geminata, ‘sub illis
montibus’ inquit ‘erunt’, et erant sub montibus illis.
risit Atlantiades et ‘me mihi, perfide, prodis?
me mihi prodis?’ ait periuraque pectora vertit
in durum silicem, qui nunc quoque dicitur index,
inque nihil merito vetus est infamia saxo.
(Apollon betätigt sich als Rinderhirt, ist aber aufgrund von Verliebtheit nicht bei der Sache.)
Während du nur an Liebe denkst und die Flöte dich tröstet, ziehen unbewacht auf die Felder von Pylos die Rinder, heißt es. Der Sohn der Maia, der Tochter des Atlas, erblickt sie, treibt sie durch seine Kunst davon und versteckt sie im Walde. Niemand bemerkte den Diebstahl, nur einer, den dort auf dem Land man kannte, ein Alter; die ganze Nachbarschaft nannte ihn Battus. Der bewachte des reichen Neleus Bergwälder, seine grasreichen Weiden, dazu seine Herden erlesener Stuten. Den nun nahm er sich her und zog ihn freundlich beiseite: »Fremder, wer du auch bist«, sprach er, »fragt einer nach diesen Zugtieren, sag, du hast nichts gesehn, und damit, was du tust, nicht ohne Dank bleibt, nimm eine prächtige Kuh als Belohnung«, und er gab sie. Der Fremde nahm sie und sagte: »Du geh nur sorglos! Ausschwatzen wird deinen Diebstahl eher der Stein hier«, und er wies ihm den Stein. Zum Schein entfernt sich der Sohn des Juppiter, kommt bald wieder, hat Aussehn und Stimme verändert: »Landmann, falls irgendwelche Rinder du hier auf dem Wege gehn sahst«, sprach er, »dann hilf und schweig nicht über den Diebstahl. Dir wird als Lohn eine Kuh mit dem Stier zusammen gegeben.« Und nachdem die Belohnung verdoppelt war, sagte der Greis: »Am Fuß jener Berge sind sie.« Und sie waren am Fuß jener Berge. Lachend sagt da der Enkel des Atlas: »Verrätst du an mich mich, Treuloser? Mich an mich?« und verwandelt das Herz, das den Schwur brach, in einen harten Stein, der »Anzeiger« heut noch genannt wird. So ist der Stein, der das nicht verdient hat, seit alters verrufen.

Holzberg, Niklas, Ovid. Metamorphosen, Sammlung Tusculum, De Gruyter 2017.

Ovid, Metamorphosen 2,683–707